Albert Hofmann (* 11. Januar 1906 in Baden, Aargau; † 29. April 2008 in Burg im Leimental) war ein Schweizer Chemiker, Autor und der Entdecker des LSD.
Leben
Albert Hofmann wuchs als ältestes von vier Geschwistern auf. Als sein Vater, ein Werkzeugmacher, schwer erkrankte, musste er zum Familienunterhalt beitragen und absolvierte daher eine kaufmännische Lehre bei der Firma Brown, Boveri & Cie. Währenddessen bereitete er sich auf seine Matura vor. Hofmann begann 1925 sein Chemiestudium an der Universität Zürich. Sein Patenonkel finanzierte das Studium. 1929 promovierte Hofmann bei Paul Karrer mit Auszeichnung mit dem Thema Über den enzymatischen Abbau von Chitin und Chitosan I.
Anschließend war Hofmann für mehr als vier Jahrzehnte bis zu seiner Pensionierung 1971 bei Sandoz in Basel tätig. 1935 heiratete er Anita Guanella, die Schwester des erfolgreichen Schweizer Erfinders Gustav Guanella, der ebenso wie Hofmanns Vater für Brown, Boveri & Cie. arbeitete. Im Jahr 1943 entdeckte er die halluzinogene Wirkung des LSD.
Albert Hofmann lebte auf der Rittimatte, in der Gemeinde Burg im Leimental am Rande des Jura. Eine enge Freundschaft bestand zu Ernst Jünger (siehe etwa: Besuch auf Godenholm).
Anlässlich seines 100. Geburtstags fand vom 13. bis 15. Januar 2006 in Basel das Symposium „LSD – Sorgenkind und Wunderdroge“ statt. Ende 2007 erhielt der Psychotherapeut Peter Gasser aus Solothurn die Erlaubnis der aargauischen Ethikkommission, LSD zu therapeutischen Zwecken versuchsweise zu benutzen, was Hofmann in einem Fernseh-Interview als Erfüllung seines Traums beschrieb. Albert Hofmann starb an den Folgen eines Herzinfarkts.
Forschungsarbeiten
Mutterkorn und LSD
Im Rahmen von Arzneimittelforschungen mit dem Getreidepilz Mutterkorn und unter der Zielsetzung, ein Kreislaufstimulans zu entwickeln, synthetisierte Hofmann 1938 verschiedene Amid-Derivate der Lysergsäure, darunter – als 25. Substanz dieser Versuchsreihe – das Diethylamid LSD-25. In Tierversuchen löste der Stoff Unruhe unter den Tieren aus, zeigte aber keine verwertbaren oder pharmakologisch interessanten Eigenschaften und wurde daher nicht weiter untersucht. 1943 entschied sich Hofmann dennoch, LSD noch einmal herzustellen. Während der Laborarbeit veranlassten plötzliche Unruhe und Unwohlsein ihn, seine Arbeit abzubrechen und heimzufahren. Zu Hause angekommen hatte er bei geschlossenen Augen für etwa zwei Stunden intensive kaleidoskopartige, farbige Visionen. Vermutlich hatte er unbeabsichtigt und auf ungeklärte Weise eine Spur LSD aufgenommen. In seinem Buch LSD – Mein Sorgenkind gibt Albert Hofmann an, das LSD möglicherweise versehentlich über die Fingerspitzen aufgenommen zu haben.
Der bewusste LSD-Selbstversuch
Um diesem ungewöhnlichen Erlebnis auf den Grund zu gehen, entschied er sich am 19. April 1943, die Substanz mit der kleinsten für ihn denkbaren wirksamen Dosis im Selbstversuch zu testen, wobei ihn seine Assistentin Susi Ramstein beaufsichtigte und auf dem Heimweg begleitete. Hofmann protokollierte das Erlebnis drei Tage später:
Später beim Ausklang des Rausches:
Nachträglich stellte sich heraus, dass es sich bei der von ihm gewählten Dosis (etwa 250 µg) um das Drei- bis Fünffache der (aus heutiger Sicht) normal wirksamen Dosis handelte. LSD gehört zu den potentesten und stärksten bekannten Halluzinogenen (vgl. DMT, Psilocin). Er selbst resümierte später die zufällig geschehene Entdeckung mit den Worten: „Das LSD ist zu mir gekommen.“ Seine von starken Halluzinationen begleitete Fahrradfahrt vom Labor nach Hause ging unter dem Namen „Fahrradtag“ (Bicycle Day) in die Geschichte der LSD-Kultur ein. Seine Assistentin Ramstein war mit 21 Jahren wenig später die erste Frau, die LSD einnahm.
Das Mutterkorn, dessen negative Wirkung schon im Mittelalter als „Heiliges Feuer“ bekannt war, wurde auch weiterhin medizinisch erforscht, da seine Inhaltsstoffe unter anderem eine auf den Muskeltonus wirkende Substanz enthalten, die beispielsweise bei Schwangeren zur Einleitung der Wehen genutzt werden kann. Der Name Mutterkorn rührt von dieser Wirkung auf die Gebärmutter her, die seit dem Altertum bekannt ist.
Abseits von LSD
Hofmann erforschte außerdem andere psychoaktive Stoffe wie psilocybin- und psilocinhaltige halluzinogene Pilze, die LSA-haltigen Samen der Prunkwinden und der Ololiuqui sowie das Salvinorin der Salvia divinorum. Weiterhin isolierte und synthetisierte er die Wirkstoffe bedeutender Arzneipflanzen, um deren Wirkungen zu untersuchen. Hofmanns vielbeachtete Dissertation (1929) galt der Strukturaufklärung des Chitins. Als Forschungschemiker bei Sandoz entwickelte er, bevor er sich der Erforschung des Mutterkorns zuwendete, das erste exakt dosierbare Herzmedikament aus Digitalis-Glykosiden, später das Geriatrikum bzw. Sympathikolytikum Hydergin (zentral blutdrucksenkend und peripher dämpfend auf das Nebennieren-Sympathikussystem wirkendes Dihydroalkaloid des Mutterkorns), das Kreislaufmittel Dihydergot und das bis heute als Standardmedikament in der Gynäkologie eingesetzte Methergin. Seine Veröffentlichungen umfassen über 140 wissenschaftliche Arbeiten sowie zahlreiche Bücher.
Hofmanns Ansichten
Hofmann setzte sich zeitlebens dafür ein, dass psychedelische Substanzen wie das LSD zu Forschungszwecken legalisiert werden sollen. Optimistisch äußerte er die Ansicht, die richtige Anwendung von LSD in der menschlichen Kultur sei eine Frage der Zeit.
Nachdem in den USA in den 1960er Jahren Timothy Leary den Massenkonsum von LSD propagierte, übte Hofmann starke Kritik. Mit der Substanz müsse vorsichtig umgegangen werden, es handle sich nicht um eine Genussdroge. Als zur gleichen Zeit die CIA zu Forschungszwecken LSD an nicht darüber informierte Versuchspersonen verabreichte (mit einem folgenschweren Todesfall), bezeichnete er diese Vorgehensweise als Verbrechen.
Ehrungen
- Für sein wissenschaftliches Werk wurde ihm mehrfach die Ehrendoktorwürde verliehen. So ehrte ihn das Königliche pharmazeutische Institut in Stockholm 1966 mit dem Grad eines Dr. pharm. h.c. und die ETH Zürich verlieh ihm 1969 gleichtags mit seinem Schwager Gustav Guanella den Titel Dr. sc. nat. h.c. Die Freie Universität Berlin würdigte Hofmann 1988 mit dem Dr. rer. nat. h.c.
- Im Jahre 1977 wurde ihm „für seine Verdienste um die Erforschung der Arzneipflanzen“ die Ehrenmitgliedschaft der Gesellschaft für Arzneipflanzenforschung verliehen.
- 2007 wurde er nach einer Umfrage im Auftrag der Tageszeitung Guardian unter 4.000 Briten von einer Jury aus zehn Experten zum bedeutendsten lebenden Genie gewählt („world's top 10 living geniuses“).
- Anlässlich des 50. Jahrestages des ersten LSD-Verbotes in Kalifornien führt die Basel Sinfonietta das Oratorium Oh Albert! auf. Das Libretto stammt von dem Basler Musiker Elia Rediger, die Musik von dem Komponisten William Britelle.
Schriften
- Über den enzymatischen Abbau des Chitins und Chitosans (Doktorarbeit), Universität Zürich, 1929.
- Die Mutterkornalkaloide. Enke, Stuttgart 1964 (Sammlung chemischer und chemisch-technischer Beiträge. NF 60, ISSN 0080-5793).
- LSD – mein Sorgenkind. Klett-Cotta, Stuttgart 1979, ISBN 3-12-923601-5 (3. Auflage als: LSD – mein Sorgenkind. Die Entdeckung einer „Wunderdroge“. ebenda 2010, ISBN 978-3-608-94618-5).
- gemeinsam mit Richard Evans Schultes: Pflanzen der Götter. Die magischen Kräfte der Rausch- und Giftgewächse. Hallwag, Bern u. a. 1980, ISBN 3-444-10282-8 (Komplett überarbeitete Neuausgabe: AT-Verlag, Aarau 1998, ISBN 3-85502-645-9).
- Einsichten – Ausblicke. Essays. Sphinx, Basel 1986, ISBN 3-85914-633-5 (Erweiterte und überarbeitete Neuauflage. Nachtschatten-Verlag, Solothurn 2003, ISBN 3-907080-93-9).
- Naturwissenschaft & mystische Welterfahrung. Eine Volkspredigt. Grüne Kraft, Löhrbach 1992, ISBN 3-925817-50-6.
- Lob des Schauens. Mit Fotos von Werner Huber. Nachtschatten-Verlag, Solothurn 2002, ISBN 3-907080-84-X.
- Tun und Lassen – Essays, Gedanken und Gedichte. Nachtschatten, Oktober 2011, ISBN 978-3-03788-242-9.
- Die Erforschung der mexikanischen Zauberpilze und das Problem ihrer Wirkstoffe. In: Basler Stadtbuch 1964, S. 141–156.
Literatur
- Mathias Bröckers: Trans Psychedelischer Express. Eleusis – Basel – Babylon – und weiter. Nachtschatten, Solothurn 2002, ISBN 3-907080-89-0
- Mathias Bröckers; Roger Liggenstorfer: Albert Hofmann und die Entdeckung des LSD. Auf dem Weg nach Eleusis. AT, Aarau 2006, ISBN 3-03800-276-3
- Günter Engel; Paul Herrling (Hgg.): Grenzgänge – Albert Hofmann zum 100. Geburtstag. Schwabe, Basel 2006, ISBN 3-7965-2210-6
- Nathaniel S. Finney; Jay S. Siegel: In Memoriam: Albert Hofmann (1906–2008). In: CHIMIA International Journal for Chemistry. Band 62, Nr. 5, Mai 2008, S. 444–447, doi:10.2533/chimia.2008.444.
- Dieter Hagenbach; Lucius Werthmüller: Albert Hofmann und sein LSD. AT, Aarau 2011, ISBN 978-3-03800-530-8
- Werner Pieper: In bleibender Verbundenheit. Ein persönlicher Abschied von unserm Elder Albert Hofmann. Löhrbach 2008, ISBN 978-3-925817-62-5
- Christoph Tamm: Hofmann, Albert. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
Filme
- Hofmann’s Potion. Dokumentarfilm, Kanada, 2002, 56 Min., Regie: Connie Littlefield, Produktion: National Film Board of Canada, Inhaltsangabe
- Der ultimative Trip – Der Entdecker des LSD wird 100. Ein Film von Ralf Breier und Claudia Kuhland, 3sat/ZDF 2006 (Kulturzeit Extra; 35 min).
- The Substance – Albert Hofmanns LSD. Dokumentarfilm, Schweiz, 2011, 90 Min., Regie: Martin Witz, Produktion: Ventura Film, Inhaltsangabe
- Luc Sala: 100 Years „Mensch“ – Albert Hofmanns 100. Geburtstag. DVD, 45 min., Edition RauschKunde, Löhrbach, ISBN 3-922708-62-5
- SRG (Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft) Albert Hofmann im Interview (1993)
- Vortrag: Dr. Christian Rätsch, 100 Jahre Albert Hoffmann, August 2006
Hörspiel-/CD-Produktionen
- Lob des Schauens. Ein Portrait zum 95. Geburtstag des LSD-Entdeckers Albert Hofmann. Audio-CD. Nachtschatten, Solothurn 2001, ISBN 3-907080-83-1
- Erinnerungen eines Psychonauten. Von der Entdeckung entheogener Drogen. Originaltonaufnahmen, hg. v. Thomas Knoefel. supposé, Köln 2003, ISBN 978-3-932513-38-1
- Die Eleusinischen Mysterien und ihre Bedeutung für die moderne Welt. DVD-Box, AVR 2004, ISBN 3-938317-06-X
- Hofmanns Elixier oder Die Welt ist perfekt. 2005, 43 Min., Regie: Regine Ahrem, Musik: Michael Rodach, Produktion: Rundfunk Berlin-Brandenburg
Musik/Konzerte
- Oh Albert – LSD Oratorium Oratorium & Konzertfilm, Schweiz, 2016, 80 Min. Musik: Elia Rediger, William Brittelle, Orchester: Basel Sinfonietta, Dirigent: Etienne Abelin, Film: Gregor Braendli, Inhaltsangabe
Weblinks
- Publikationen von und über Albert Hofmann im Katalog Helveticat der Schweizerischen Nationalbibliothek
- Literatur von und über Albert Hofmann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- LSD – Sorgenkind und Wunderdroge. Internationales Symposium zum 100. Geburtstag von Albert Hofmann vom 13. bis 15. Januar 2006 am Kongresszentrum Basel
- The Albert Hofmann Foundation (engl.)
- Kalenderblatt: „18. April 1943: Albert Hofmann entdeckt das LSD“ (Memento vom 6. November 2007 im Internet Archive), BR, 18. April 2007
- „Stanislav Grof interviews Dr. Albert Hofmann“ – Esalen Institute, Big Sur, California, 1984
- „Wirkung von LSD“. Albert Hofmann im Interview, 1993 SRF Archiv
- Albert Hofmanns Dankes- und Schlussrede an seinem 100. Geburtstag in Basel.
- Benedikt Meyer: Farbige Basler Welt Im Blog des Schweizerischen Nationalmuseums vom 10. Februar 2020
- Andrej Abplanalp: Albert Hofmanns rasante Velofahrt Im Blog des Schweizerischen Nationalmuseums vom 19. April Andrej Abplanalp
- Hannes Mangold: Auf Trip Im Blog des Schweizerischen Nationalmuseums vom 17. Oktober 2018
Einzelnachweise




